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Dieter Wiesmann, Reinhard Mey – und vor allem: Jacques Brel

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Dieter Wiesmann, habe ich vor ein paar Tagen geschrieben, verdanke Reinhard Mey sehr viel. Das stimmt schon. Allerdings müsste hier noch ein anderer genannt werden, dem er sehr viel verdankt. Sehr viel mehr sogar, wie ich finde. Weniger musikalisch, weniger von der Art und Weise her, wie er seine Lieder vortrug – da stand Dieter Wiesmann bedeutend undramatischer auf der Bühne. Aber inhaltlich, textlich, befand sich Wiesmann in grosser Nähe zu dem Franzosen; er war ihm näher als dem Deutschen. Reinhard Meys Lieder waren zu seiner besten Zeit witzig, manchmal ein bisschen gesellschaftskritisch – später rutschte er in den (gehobenen) Schlager ab. Aber mit Jacques Brel teilt Wiesmann die Erfahrung, dass die Liebe absurd ist, dass die Welt absurd ist. Und er teilt die Hoffnung des lyrischen Ich, trotzdem aus dem Kampf mit Liebe und Welt als Sieger hervorzugehen. Das lyrische Ich wird nicht als Sieger hervorgehen. Aber es weiss das nicht, nur der Zuhörer weiss es. Das macht den Narren erst zum Narren. Und die Hoffnung erst zur Hoffnung. Denn letzten Endes kann sich der Zuhörer nicht enthalten, trotz allem mit dem Narren auf eine Realisierung der Erwartungen an das Leben und an die Liebe zu hoffen. Dies fehlt in Reinhard Meys dann doch relativ platter Lyrik.

Und noch zwei…

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Noch zwei Prominente, die in den letzten Tagen verstorben sind. (Erfahren habe ich bei beiden erst heute davon.)

Einerseits Hellmuth Karasek (gestern im Alter von 81 Jahren verstorben), den ich natürlich, wie so viele Lesende, durch sein Mitwirken am Literarischen Quartett kennen gelernt habe. Im Gegensatz zu seinem Kollegen Reich-Ranicki (dessen Rezensionen über die deutsche Literatur nach 1945 ich übrigens gerade lese) empfand ich allerdings Karasek immer als recht unverbindlich. Auch wenn ich mich manchmal sehr über Reich-Ranicki ärgerte: Ich mochte seine pointierte, dezidierte Art besser.

Andererseits Dieter Wiesmann, Liedermacher und Apotheker in Neuhausen. Mit Wiesmann verbinden mich – neben der Tatsache, dass er ebenso in Schaffhausen zur Welt kam, wie ich, er allerdings in der Gegend blieb, ich nicht – mit Dieter Wiesmann also verbinden mich Erinnerungen an Jugendsendungen im Schweizer Fernsehen: Der Dachbudenplausch vor allem. (Der nirgends zum Kauf oder zum Download angeboten wird; ich fürchte, die Leute im Leutschenbach haben die alten Aufnahmen gelöscht – auf Nimmerwiedersehen…) Doch auch Wiesmanns späteren, von Reinhard Mey beeinflussten Lieder mochte ich. Im Gegensatz zu Mey, der die ganz grosse Karriere machte und zum Schlagersänger verkam (auch wenn er seine Schlager immer selber komponierte), blieb Dieter Wiesmann dem Liedermacher-Metier treu. 1999 zog er sich – zu meinem Leidwesen – ganz von der Szene zurück. Und nun ist er – am 23. September schon – verstorben. Irgendwo muss ich noch eine CD haben mit seinen besten und bekannesten Liedern. Die werde ich wohl demnächst mal ausgraben.

R.I.P., Ihr beiden!